Wolfgang Kubicki

„Ein Großteil der Wähler ist mit dem Erscheinungsbild der FDP in der Ampel unzufrieden“

Foto Tobias Koch

Kubicki nach der verlorenen Wahl in Berlin: „Ein Großteil der Wähler ist mit dem Erscheinungsbild der FDP in der Ampel unzufrieden“

Kein Sitz im Abgeordnetenhaus und bundesweit schlechte Umfragewerte für die Liberalen. Trotzdem sieht deren Vize keine Krise der Partei.

Am Sonntag wetterte der FDP-Vize bei der Wahlparty der Liberalen noch gegen die Koalitionspartner in der Ampel. Wenige Tage später sieht der streitlustige Politiker auch Verantwortung in der eigenen Partei.

In Berlin hat die FDP die fünfte Niederlage in Folge erlitten – ist das nur die Schuld der Regierungsbeteiligung an der Ampel?

Nein, ich bin ein Verfechter der Ampel, ich habe sie mitverhandelt. Wir müssen allerdings zur Kenntnis nehmen, dass ein Großteil unserer Wählerinnen und Wähler mit dem Erscheinungsbild der FDP in dieser Konstellation unzufrieden ist. Ich habe es schon immer – auch in meiner Zeit in Schleswig-Holstein – für schwach und unpolitisch gehalten, ungünstige Umstände für das eigene Schicksal verantwortlich zu machen. Wir müssen schon selbst dafür sorgen, dass sich mehr Menschen wieder für die FDP entscheiden.

Wenn Hessen auch wieder schiefgeht – ist dann Ende?

Hessen wird nicht schiefgehen. Und „Ende“ wäre dann auch nicht. In meinen 52 Jahren FDP-Mitgliedschaft habe ich schon viele Höhen und noch mehr Tiefen erleben müssen. Umfragewerte im Bund zwischen sechs und acht Prozent sind sicherlich nicht das, was wir uns vorstellen, aber definitiv auch keine Krise.

Was müssen die Partner tun, damit es besser wird?

Für die Umfragewerte der FDP können die Koalitionspartner nichts, das ist schon unsere eigene Verantwortung. Aber dass es gehäuft unbotmäßige Angriffe auf die Minister Marco Buschmann und Volker Wissing aus den Reihen von SPD und Grünen gegeben hat, halte ich jedenfalls nicht für schicklich. Ich denke, unsere Wähler erwarten, dass die Bundestagsfraktion mehr konstruktive Konfliktbereitschaft an den Tag legt als bisher. Also: Kein Streit um des Streits willen, sondern der Sache wegen. Wir haben schließlich diverse Krisen zu bewältigen, da sollten wir auch unsere Vorstellungen einer besseren Zukunft nach Möglichkeit verteidigen.

FDP pur, wie soll das gehen?

Ich kann mich daran erinnern, dass der Koalitionsvertrag damals den Eindruck einer klaren Handschrift der FDP vermittelt hat. Das fand ich jedenfalls nicht schlecht.

Der Ton wird überaus scharf. Hat eine Koalition schon jemals so funktioniert?

Es geht am Ende nicht um Befindlichkeiten, sondern um Ergebnisse. Wenn ein schärferer Ton zunächst eine engagierte Diskussion und dann ein gutes Resultat bringt, kann niemand etwas dagegen haben. Eine Koalition ist keine Liebesbeziehung, sondern soll das Land voranbringen.

Sie sind so zurückhaltend. Der Wolf hat Kreide gefressen. Steht es schon so schlecht um die Koalition?

Ich möchte an dieser Stelle vielleicht noch einmal daran erinnern, dass ich die Möglichkeit einer Ampel schon in Betracht gezogen habe, als viele – auch in meiner Partei – dazu noch nicht bereit waren. Deshalb muss ich kein besonderes Gelöbnis für diese Konstellation ablegen. Hätte ich jetzt Ihrer Erwartung entsprochen und alles Bisherige infrage gestellt, hätten Sie dann nicht auch den Schluss gezogen, dass es schlecht um die Koalition bestellt ist? Die Ampel ist nicht mein Problem, unsere Rolle in der Ampel ist noch nicht optimal.

Und, kein Witz: Hat Marie-Agnes Strack-Zimmermann der FDP in ihrem Wahlkampf geschadet?

Nein. Der Auftritt von Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat weder geschadet, noch hat er genützt. Es wäre zu einfach, einzelne Schuldige zu benennen. Eine Büttenrede entscheidet keine Wahl. Die Entwicklung bei den Landtagswahlen erklärt das nicht.