Wolfgang Kubicki

Persönliche Erklärung zum Antrag der Unionsfraktion in Sachen Taurus

Foto Tobias Koch

Persönliche Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zum Abstimmungsverhalten zu TOP 7. a) zum Antrag „Unterstützung für die Ukraine konsequent fortsetzen – Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers beschließen“, Drucksachen 20/9143, 20/10433

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine haben die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen immer wieder deutlich gemacht, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnen dürfe, oder gar, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen müsse. Es war und ist über die Fraktionsgrenzen hinweg weitgehend unstreitig, dass diese Ziele nur erreicht werden können, wenn die internationale Gemeinschaft der Ukraine im Rahmen des Völkerrechts konkrete und möglichst umfassende militärische Hilfe leistet.

Der vorliegende Antrag der CDU-CSU-Fraktion benennt mit dem Waffensystem „Taurus“ namentlich, was der bereits im Februar vom Deutschen Bundestag beschlossene Antrag von SPD, Grünen und FDP, „Zehn Jahre russischer Krieg gegen die Ukraine – Die Ukraine und Europaentschlossen verteidigen“, Drs. 20/10375, implizit mit der „Lieferung von zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen“ beschrieb. Inhaltlich ist dieser vorliegende Antrag, Drs. 20/9143, daher richtig und eine logische Folge des Februar-Beschlusses.

Problematisch ist jedoch, dass die Unionsfraktion aus einer auch für die Sicherheit Deutschlands hochrelevanten Frage eine Angelegenheit der eigenen innenpolitischen Profilierung macht. Es ist bitter und enttäuschend, dass die grundlegende und ernsthafte politische Debatte hierüber nicht im gemeinsamen Wirken und mit dem Einigungswillen aller demokratischen Kräfte, sondern zunächst unter dem Rubrum der Parteipolitik geführt wird. Ich ersuche die Union daher dringend, auf den Pfad der konstruktiven und verständigungsbereiten Zusammenarbeit im außen- und verteidigungspolitischen Bereich zurückzukehren.

Zugleich wehre ich mich gegen Bestrebungen, wie etwa des sozialdemokratischen Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich, in dieser Frage „Konsequenzen“ für frei gewählte Abgeordnete des Deutschen Bundestages – in diesem Falle von der Koalition – anzudrohen, wenn sie anders als von den Sozialdemokraten gewünscht abstimmen sollten. Ich weise in aller Deutlichkeit darauf hin, dass weder der Koalitionsvertrag noch der politische Wille – weder des SPD-Fraktionsvorsitzenden noch des Bundeskanzlers – Art. 38 Abs. 1 GG aus den Angeln zu heben vermag. Ich fordere alle Beteiligten auf, derartige verfassungsfeindliche Forderungen jetzt und für weitere Zeit zu unterlassen. Wer solche Erklärungen in die öffentliche Debatte einbringt, verwirkt das Recht, sich als Verteidiger unserer demokratischen Grundordnung zu bezeichnen.

Ich werde meine Kollegin Marie-Agnes Strack-Zimmermann bei ihrem Wirken für den Schutz Deutschlands und die Verteidigung unserer Freiheitswerte unterstützen und verteidige sie gegen jedwede unbotmäßigen Angriffe – auch vonseiten der Koalitionspartner.

In der Gesamtabwägung stimme ich mit Ja zur Drs. 20/9143 und daher mit Nein zur entsprechenden Beschlussempfehlung Drs. 20/10433.

 

Wolfgang Kubicki MdB